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"ALTSTADTBEBEN in Graz"

 

Wie eine von Architekten dominierte Alststadtsachverständigenkommission ihre ureigenste Aufgabe - nämlich den Schutz der Altstadtzonen - nicht nur sträflich unterlässt... NEIN, dem sogar Vorschub leistet....

in Folge der Brief von Sarah Andersson an den seit 2011 an der Spitze der ASVK stehenden COOP Himmelbau-Architekten Wolfdieter Dreibholz (nominiert vom Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann) und an seinen Vize Arch. Michael Szyszkowith, der in Graz in den letzten Jahren recht rege baute (Zubau der Steiermärkischen Sparkasse, Abriss des Brandlhauses). Bei letzterem wurde Vorwürfe der Unvereinbarkeit seitens der Medien zu recht postuliert.

Sehr geehrter Herr ASVK-Vorsitzender Dreibholz,
Sehr geehrter Vorsitzender-Stellvertreter Szyszkowitz,

mit grösstem Interesse las ich soeben die - zugegeben nicht mehr ganz aktuellen - Berichte/Interviews in zwei G7-Ausgaben.

Sie beide stehen an der Spitze der ASVK - eine Einrichtung die gegründet worden ist, um - lange noch vor dem "Weltkulturerbetitel" - die Grazer Altstadt zu schützen. Da ich anhand Ihrer Aussagen in den Medien zwangsläufig annehmen muss, dass Sie das eigens bereits 1974 geschaffene Gesetz (lex specialis) NIE gelesen haben, hier nun zur Erinnerung das Grazer Altstaderhaltungsgesetz von 2008:

§ 1
Ziele des Gesetzes

(1) Die Ziele dieses Gesetzes sind die Erhaltung der Altstadt von Graz in ihrem Erscheinungsbild, ihrer Baustruktur und Bausubstanz sowie die Aktivierung ihrer vielfältigen urbanen Funktion. Diesen Zielen kommt ein vorrangiges öffentliches Interesse zu. Dieses Gesetz soll überdies einen Beitrag zur Erhaltung der Altstadt von Graz als UNESCO-Weltkulturerbe leisten.
(2) Für die Auslegung der in diesem Gesetz enthaltenen spezifisch baurechtlichen Bestimmungen ist das Steiermärkische Baugesetz 1995 heranzuziehen
.

Sie, Herr Dreibheilz und Herr Szyskowitz sprechen von Abrissen, Nachverdichtungen und neuen Stadttoren. "Wir sind angehalten, die Urbanität zu fördern", so stand es zu lesen im G7 vom 20. Mai 2012. Bitte erklären Sie mir und den vielen anderen Bürgern, von wem sie diesen Auftrag erhalten haben!! GUT, sie mögen Architekten sein und auch als solche denken. Doch hätten Sie bei Annahme dieser Tätigkeiten zuerst mal das einschlägige Gesetz durchstudieren müssen. Von Urbanitätsförderung ist im GAEG sicherlich NICHT die Rede. Ganz im Gegenteil: die Bewahrung, Erhaltung und der schonende Umgang von bestehender Bausubstanz steht im absoluten Vordergrund. Zum Nachholen von Versäumtes:

§ 2
Schutzgebiet

(1) Der örtliche Anwendungsbereich dieses Gesetzes erstreckt sich auf jene Stadtteile von Graz, die in ihrer landschaftlichen und baulichen Charakteristik das Stadtbild prägen und daher in ihrem Erscheinungsbild und in ihrer Baustruktur und Bausubstanz sowie in ihrer vielfältigen urbanen Funktion zu erhalten sind (Schutzgebiet)

Warum nicht Urbanität entlang der Gürtel, entlang der grossen Ausfallstrassen - warum immer wieder der Versuch es im sensiblem Zentrum zu tun, welches wir doch für die Nachwelt erhalten sollen. Sie wissen genau warum, weil nur HOHE RENDITEN in Bestlagen zu erzielen sind. Das wissen ihr Kollege Szyszokwitz, das wissen Gollenz und Hohenberg, die SOB und die artverwande VONDEVOR. Deshalb das Anheben der Käseglocke, deshalb die Unterwanderung der einst so starken ASVK mit Architekten und Diplom-Ingenieuren, um sie zu unterminieren. Das ist Ihren Betreibern im Hintergrund vorerst gelungen. Die SOKO Altstadt und "Graz denkt!" haben bereits im Oktober 2010 bei einem hochrangigen Treffen mit Stadtpolitik und -verwaltung lautstark eingemahnt, dass eine Übergewichtung von Architekten der allmähliche Tod für die Altstadt sein würde und genau dies geschieht jetzt auf Raten.

Wenn Sie Herr Dreibholz davon sprechen, dass Sie ein denkmalgeschützes Haus , das für Graz historische Bedeutung (Girardihaus) hat, "sofort abreissen " würden, weil es "bautechnisch" und von der Nutzungsmöglichkeit längst nicht mehr am Stand der Zeit sei", dann müsste dies wohl aus ihrer Sicht auch bedeuten, gleich die halbe Innenstadt dem Kahlschlag preiszugeben - dort ist so einiges nicht mehr am Stand der Zeit! Dennoch oder genau DARUM ist es ABER auch Weltkulturerbe, samt seiner alten Dachlandschaft, die nun sukzessive auf investorentaugliche Weise zerstört wird (man schaue nur auf Wien was dort geschehen ist: klotzige Penthäuser auf Innenstadtdächer für eine hochbetuchte Klientel auf Kosten des Denkmalschutzes und des Stadtbildes) Behutsamkeit ist hier eher die Ausnahme, Augenzudrücken bei kapitalkräftigen Investoren die Regel! Prominentes Bespiel in Graz ist neben Kastner&Öhler der Domenig&Wallner Ausbau am Südtirolerplatz 13, für den sie glücklicherweise nicht verantwortlich zeichnen. Schauderhaft ist es trotzdem. Ein grosser Architektenname bürgt nicht automatisch für Qualität und Sensibiliät. Schade, dass wir Herrn Domenig nicht mehr zu einem Endresumée befragen können. Er starb am 15. Juni 2012.

Zurück zu Ihnen: Allein mit der Aussage zum Girardihaus haben Sie sich disqualifiziert Herr Dreibholz ! Ich bitte Sie darum mit grösster Höflichkeit Ihre Vorsitztätigkeit abzugeben!

Das gleiche gilt für Sie Herr Szyskowitz. Sie haben enorm viel in der Stadt Graz gebaut und wollen weiterhin bauen und sitzen zudem in der ASVK. Nicht nur die Optik ist schiefer als schief, es sind eindeutige Interessensüberschneidungen, sprich Unvereinbarkeit, wie es Bernd Hecke so schön formuliert hat. Beschwichtigungen sind hier fehl am Platze. Allein mit dieser Doppelfunktion - einerseits als Architekt für diverse Bauherren, andererseits als ASVK-Mitglied seit 1998j - sind sie sprichwörtlich untragbar für die Kommission - sie untergraben auch noch den allerlletzten Rest der Glaubwürdigkeit dieser Institution. Bitte verlassen auch Sie umgehend die ASVK!

Ich rufe alle angeschrieben Mitglieder und Ersatzmitglieder der ASVK auf, sich nicht vom "grenzwertigen System gegenseitiger Gefälligkeiten" (wie es so schön im Korruptionsausschuss von einem Vernommenen ausgesagt wurde) anstecken zu lassen.
Heben Sie die derzeit meist lausige Gutachtenqualität, hören Sie auf die gewichtige Stimme von kompetenten Historikern wie Dr. Wiltraud Resch, unserer grossen Stadthistorikerin. Ich bitte Sie aufrichtigen Herzens etwaigen korrumpierenden Versuchungen zu widerstehen. Handeln Sie im Sinne nachfolgender Generationen, im Sinne der Menschen, die nach Graz strömen, um eine (restlich) intakte Altstadt vorzufinden, ganz im Sinne von Max Mayr, der den Altstadtschutz mithilfe der Kleinen Zeitung in den 70igern initierte.
nochmals: Für City of Design-Projekte von namhaften Architekten ist ausserhalb der Schutzzonen genügend Raum zur Verfügung, mag auch die Rendite nur halb so fett sein....

Mit der Bitte um Kenntnisnahme und umgehender Erfüllung unserer Forderungen

*sarah andersson*

P.S:
Auch wenn Italiener womöglich urbaner sind als die Steirer, so schützen sie ihre Altstäde wesentlich rigoroser! Nicht nur in Rom oder Florenz, sprich in jeder mittelgrossen Stadt werden die historischen Zentren gehütet wie Augäpfel, Herr Dreibholz! Das dürfte Ihnen wohl entgangen sein! Den oft so "spannenden" (oh welch grässlich strapaziertes Wort!) Mix aus Alt und NEU finden Sie dort wohl nur in den seltensten Fällen, Palermo vielleicht ausgenommen!
zum Nachlesen:
http://www.kleinezeitung.at/allgemein/bauenwohnen/3027369/altstadtbeben-vorwurf-gegen-architekt-szyszkowitz.story
http://www.kleinezeitung.at/allgemein/bauenwohnen/3023662/steirer-sind-leider-keine-urbanen-menschen.story

Sarah Andersson
Mitlglied von "Graz denkt!"
Dreierschützengasse 39/10
8020 Graz
tel: 0680 231 48 45
email: sarah.andersson@a1.net

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Kommentare

Im G7 Report vom 20.Mai 2012 wurden die Chefs der Altstadt-„Sachverständigen“-Kommission interviewt bzw. haben ihre Vorstellungen „Mit der Schleifung von Vorstadthäusern, Neubauten im Zentrum und Verdichtung in Gründerzeit- und Villenvierteln“ dargestellt. Hier hat man den Bock zum Gärtner gemacht, indem man Architekten die historische Altstadt überlässt! Was haben sich die Leute dabei gedacht? Hr. Treibholz hat in Wien! das ZT Büro CoopHimmelblau, das zu der Gruppe der De(s)konstruktivisten Architekten gezählt wird. In Graz hat er die Ausstellung Latente Utopien in Graz vorgestellt. Nomen est omen! Sein Co-Chef war Mitbegründer des Grazer Haus der Architektur und ist Professor in Braunschweig. Also haben hier diejenigen das Sagen, die von Neubauten leben. Sie reden nur vom Schleifen, Bauen ohne Limit, Nachverdichten (wozu braucht man Gärten, weg damit), Dächer ausbauen, weg mit den Autos usw. Das alles unter dem Titel der Urbanität. Wenn man hier nicht wohnt, kennt man sich sicher in Graz aus. Sie mögen doch mit dem Haus der Architektur anfangen und ein Hochhaus hinbauen- am besten aus eigenen Mitteln! Der Uhrturm, das Rathaus usw. sind auch alt- weg damit! Solche Leute brauchen wir nicht in Graz, die die Altstadt töten. Insofern gehört auch die ASVK samt Chefs ganz weg oder man benennt sie in Neubau-Kommission um! WIR GrazerInnen lieben unsere Altstadt!

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