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DIREKTE DEMOKRATIE – EINE (BÜRGER) MEISTERHAFTE BELEHRUNG

„Immer wieder finden sich Eskimos, die den Bewohnern des Kongo sagen, was diese zu tun haben“ (Jerzy Lec).

Direkte Demokratie, sagt unser Bürgermeister, sei ein kostbares Gut und habe daher ihren Preis. Er hieße: sich informieren und auch mitarbeiten. Kostenlos Freizeit „zur Verfügung zu stellen“, um sich möglichst umfassend zu informieren, durch Zeitungen, Dokumentationen, durch Meinungsaustausch in Gesprächen. Das alles, um „bei fast allen Fragen“ in die „Entscheidungsfindung“ eingebunden zu werden.

Direkte Demokratie nennen alle, die eine Ahnung davon haben, politische Entscheidungen, die unmittelbar durch das Volk und nicht durch gewählte Abgeordnete getroffen werden. Niemand ist dabei so verrückt, sie „bei fast allen Fragen“ zu fordern. Sie soll zur Entscheidung nur jener Fragen herangezogen werden, welche die Bevölkerung mit gutem Grund nicht alleine den gewählten Entscheidungsträgern überlassen will.

Direkte Demokratie ist etwas anderes als partizipative Demokratie, allgemein auch „Bürgerbeteiligung“ genannt. Das wissen zugegebenermaßen viele nicht, Politiker sollten es aber wissen,

vor allem wenn sie darüber schreiben. Partizipation ist die frühzeitige, ehrliche und ergebnisoffene Einbindung der betroffenen Bevölkerung in die Planung und Entscheidung von Vorhaben, die einen nachhaltigen Einfluss auf das Zusammenleben haben.

Jede Demokratie, die repräsentative, die direkte und ganz besonders die partizipative lebt vom Interesse der Bevölkerung an politischen Vorgängen. Besonders in unserer vorwiegend repräsentativen Demokratie muss sie daher von den Gewählten rechtzeitig, umfassend und vor allem ehrlich über alles informiert werden – als Bringschuld der politischen Akteure. Jede absichtlich vorenthaltene Information ist eine demokratiepolitische Missetat. Missetäter sind alle, die auf Fragen keine oder falsche Antworten geben und damit das Vertrauen in die Politiker verspielen.

Der Generalverdacht, Unterschriftenaktionen stützten sich auf Gefälligkeitsunterschriften und das Interesse an Mitbestimmung erschöpfe sich in persönlichen Interessen, kann nur wider besseres Wissen erhoben sein. Er ist eine unerträgliche persönliche Beleidigung all jener, die - der bürgermeisterlichen  Aufforderung folgend - um eine umfassende Information ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger bemüht sind. Sie verlangt diesen gegenüber nach einer unverzüglichen Entschuldigung.

Wer Partizipation und direkte Demokratie nach Belieben vermengt und – noch dazu fälschlich – behauptet, dass wir in unserem unmittelbaren Lebensumfeld mehrmals jährlich direkte Demokratie erlebten, als läge St. Andrä-Wördern in der Schweiz, und dazu noch in einem Atemzug meint, „irgendwann muss letztlich auch eine Entscheidung getroffen werden“, weil „Diskutieren ohne Ende ...wohl nicht direkte Demokratie“ sei, der meint damit nicht einen Volksentscheid, sondern das übl(ich)e Drüberfahren der Mehrheit im Gemeinderat über das, was politisch Interessierte in der Gemeinde mitunter vorbringen dürfen, bevor es von den Entscheidungsträgern ignoriert wird.

Dass die Belehrung über die Pflicht der Bürgerinnen und Bürger, sich zu informieren, ausgerechnet von einem Bürgermeister kommt, der auf ihm unangenehme Fragen trotz gesetzlicher Verpflichtung keine Antwort gibt, schlägt dem Fass den Boden aus und ist eine unerträgliche Verhöhnung gerade der an der Entwicklung der Gemeinde aktiv interessierten  Bevölkerung.

Danke, Herr Bürgermeister, das war absolut unnötig!

 

PS.:
Dass diese Antwort keinen Platz in der Bürgermeisterinfo von St. Andrä-Wördern gefunden hat, war vorherzusehen.
Deshalb (und nur deshalb) ist sie hier – für ganz Österreich sichtbar – veröffentlicht worden.
Bundesländer: 
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