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Transparenz in der öffentlichen Verwaltung:

Von Hamburg lernen?

 
Anfang Oktober 2012 ist in Hamburg das weitestgehende Transparenzgesetz im deutschsprachigen Raum inkraftgetreten. Für viele Verfechter eines besseren Einblicks in das Verwaltungshandeln ist es vorbildhaft.
 
Der § 1 dieses Gesetzes lautet:
  1. Zweck dieses Gesetzes ist es, durch ein umfassendes Informationsrecht die bei den in § 2 Absatz 3 bezeichneten Stellen vorhandenen Informationen unter Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten unmittelbar der Allgemeinheit zugänglich zu machen und zu verbreiten, um über die bestehenden Informationsmöglichkeiten hinaus die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle des staatlichen Handelns zu ermöglichen.
  1. Jede Person hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf unverzüglichen Zugang zu allen Informationen der auskunftspflichtigen Stellen sowie auf Veröffentlichung der in § 3 Absatz 1 genannten Informationen.
 
Das bedeutet, dass nicht nur jeder Bürger Zugang zu Informationen bekommt, sondern dass die Behörden – so heißen dort die Verwaltungsgliederungen – also nicht nur auf Anfragen reagieren müssen, sondern von sich aus alle vorhandenen Informationen (unter Beachtung der im Gesetz vorgesehenen Einschränkungen) veröffentlichen müssen (§ 10). Personenbezogene Daten werden geschwärzt.
 
Über Pfingsten war ich in Hamburg und traf dort einen Hamburger, der ehrenamtlich im Kommunalbereich tätig ist. Ich fragte ihn, wie es denn nun, ein gutes halbes Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes, so funktioniere mit dem Transparenzgesetz.
„Ja“, sagte er, „es hat so seine Anlaufschwierigkeiten. Das aktive Einstellen der Informationen ins Internet kommt nur schleppend voran. Schwieriger aber ist es, individuelle Anfragen richtig zu stellen, so dass man auch die richtige Auskunft von der richtigen Stelle bekommt. Das ist gar nicht so einfach. Aber dafür gibt es die Ombudsleute, die sehr hilfsbereit sind. Leider werden sie noch viel zu wenig in Anspruch genommen.“
Offiziell heißen die Ombudsleute „Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit“. Sie sind die Mittler zwischen den Bürgern und den Behörden, und sie kennen sich in der Verwaltung aus, sodass die Anträge korrekt formuliert und an die richtige Stelle geschickt werden. Ein Transparenzgesetz, genauer gesagt, ein Informationsfreiheitsgesetz ohne diese Mittler ist ein zahnloser Tiger.
 
In Österreich ist das formal größte Hindernis für volle Informationsfreiheit die verfassungsrechtlich geschützte Amtsverschwiegenheit in Art. 20 des Bundesverfassungsgesetzes.  Einen ersten vorsichtigen Schritt wollte nun die Regierung unternehmen und noch in dieser Legislaturperiode ein Verfassungsgesetz einbringen. Danach soll ab 2015 die Berufung auf die Amtsverschwiegenheit nur noch „in Ausnahmefällen“ möglich sein. Das Informationspflichtgesetz, das dieses Verfassungsgesetz umsetzt, sollte dann in der nächsten Wahlperiode beschlossen werden. „Sollte“! Noch ist nichts ge­wonnen. Wir müssen dran bleiben!
 
Eine grundlegende Transparenzverbesserung wäre auch wichtig für unsere Gemeinde St. Andrä-Wördern. Zum Beispiel hat sich der Bürgermeister bisher allen begründeten Auskunftsverlangen von Mitgliedern der Bürgerplattform B4B widersetzt und sitzt sie aus. Gemeinderatsprotokolle enthalten lediglich die Beschlüsse, nicht aber die Diskussionsbeiträge der Gemeinderatsmitglieder. So können sich Wähler kein Bild davon machen, ob und wie Gemeinderätinnen und-räte den Bürgerwillen im Gemeinde vertreten und umsetzen usw. usw.
Folgende Links führen weiter:
  • Petition für die Abschaffung der generellen Amtsverschwiegenheit: http://www.transparenzgesetz.at/
  • Dort auch Informationen über es Hamburger Transparenzgesetz mit einem lustigen Video unter dem Menüpunkt „Das Hamburger Vorbild“
  • Vollständiger Text des Hamburger Transparenzgesetzes:
  • Informationen über den Stand der Transparenzgesetze in Europa: Wikipedia, Stichwort Informationsfreiheit.

Einhard Schrader

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