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   Von Profis und Amateuren

Nein, nicht schon wieder das Bundesheer soll hier thematisiert werden, auch nicht die Tatsache, dass Musikwerke mit Solisten, Orchester und Chor aufgeführt werden, wobei erstere selbstverständlich bezahlt werden wollen und die Choristen nicht nur nichts bekommen, sondern auch – zumindest teilweise - für die Honorare der anderen aufkommen müssen. Nein, nicht von ihnen soll hier die Rede sein, wenngleich die Analogie zu Bürgerinitiativen unübersehbar ist.

Rechtsbeistand ist notwendig....

Die Zahl der Bürgerinitiativen steigt und mit ihnen der Bedarf an rechtskundigem Beistand, der sie gegen Behördenwillkür, Rechtsverweigerung und Korruption unterstützen soll. Die Vertretung vor Gerichten und Behörden ist dabei hiezu berufenen Personen, zumeist Rechtsanwälten, vorbehalten. Aber auch bei sonstiger Rechtsauskunft und Rechtsberatung ist zu beachten, dass die Haftung für die Richtigkeit nur bei gewerbsmäßger, d. h. in der Regel entgeltlicher Tätigkeit gegeben ist. Was billig scheint, kann also teuer werden.

...kann aber nicht gratis sein.

Von beruflichen Rechtsberatern und –vertretern kann man nicht verlangen, dass sie ihr Wissen und ihre Arbeitszeit unentgeltlich zur Verfügung stellen, weil sie mit den dafür erzielten Honoraren schließlich nicht nur ihren Lebensunterhalt, sondern auch die oft beträchtlichen Kosten ihrer Kanzlei bestreiten müssen.

Auch Selbstausbeutung hat Grenzen

Ebenso wenig aber kann man von Bürgerinitiativen, welche – entgegen anderslautender Propaganda, die hinter solchen Initiativen grundsätzlich Individualegoismus ortet - schließlich oft auch die Interessen der Allgemeinheit oder zumindest einer qualifizierten Personenmehrheit vertreten, nicht erwarten, dass sie die für sie oft unerschwinglichen Kosten für Rechtsberatung oder Gutachten aus eigener Tasche, d. h. ihrem versteuerten Einkommen bezahlen, als wäre es ein teures Hobby, das sie sich zu ihrem Vergnügen leisten. Diese erbärmliche Umdeutung von Gemeinsinn und Opferbereitschaft für die Allgemeinheit in egoistische oder narzisstische Motive taucht immer dann auf, wenn der berechtigte Wunsch nach Waffengleichheit geäußert wird. Es kann nicht mit den Grundwerten eines demokratischen Staates übereinstimmen, dass der, der beträchtliche Mittel zur Durchsetzung seiner Wünsche aufwenden kann, deshalb einen uneinholbaren Vorsprung in der Rechtsdurchsetzung hat.

Trau, schau wem

Hinzu kommt, dass sich der rechtsunkundige Laie schon bei der Frage, wem er sich in heiklen, politischen Fragen anvertrauen soll, kaum zurecht findet. Auch gegenüber Bürgerinitiativen versuchen sich, wie auf allen anderen Gebieten auch,  Anwälte als „Spezialisten“ für Partizipationsfragen oder typische Initiativen-Themen anzubieten, nicht selten auch über politische Parteien, die sich hinter ein Initiativen-Anliegen stellen und solche Anwälte zu finanzieren helfen. Ob diese nach dem alten Grundsatz „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ dann im Interesse der Initiative oder nicht doch mehr im Parteieninteresse handeln, ist im vorhinein nicht und selbst im nachhinein nicht immer deutlich erkennbar.

Spezialkenntnisse gefragt

Es muss auch bedacht werden, dass die Rechtsmaterien, mit denen sich Bürgerinitiativen zumeist herumschlagen müssen, sehr oft behördliche Verfahrensfragen oder verwaltungsrechtliche, mitunter auch verfassungsrechtliche Spezialgebiete betreffen, in denen nicht alle Rechtsanwälte so sattelfest sind, dass sie Erfahrung mit den Fallgruben haben, die sich dabei auftun. Nicht selten ist die begleitende Hand eines in solchen Materien erfahreneren Bürgerrechtlers vorteilhafter als ein „professioneller“ Beistand, dessen Objektivität wie Spezialkenntnis sich in der betreffenden Sache erst erweisen muss.

Sorgfältige Auswahl

In allen Fällen, in denen eine Bürgerinitiative glaubt, ohne rechtskundigen Beistand nicht auszukommen, ist daher anzuraten, zunächst innerhalb unserer Gemeinschaft um Rat zu fragen und dann die Auswahl so sorgfältig wie möglich zu treffen oder von versierten Juristen aus den eigenen Reihen treffen zu lassen. Viele Fragen, die von juristischen Laien kaum beurteilt werden können, werden vielleicht schon im ersten Anlauf befriedigend beantwortet werden können. Auch die Frage, ob in dem betreffenden Fall anwaltlicher Beistand erforderlich ist, ob ein Gerichtsverfahren Aussicht auf Erfolg hat oder wie man sich in einem Verwaltungsverfahren verhalten soll, kann oft schon ohne großen Aufwand ehrlich beantwortet werden.

Insider bevorzugt

Selbst wenn die Beiziehung eines Anwalts unumgänglich erscheint, ist es immer noch besser, einen erfahrenen aus den Reihen einer Bürgerinitiative beizuziehen als einen, der sich nur mit dem Nimbus eines in Bürgerrechtsfragen erfahren Fachmanns umgibt. Das gilt besonders für Anwälte, die von politischen Parteien empfohlen und eventuell auch finanziert werden. Gerichtserfahrene können aus ihrem Verhalten im Prozessgetriebe unschwer ablesen, ob sie wirklich bedingungslos für ihre Mandanten eintreten oder ob sie nicht auch die Interessen derer im Visier haben, von denen sie sich auch andere Aufträge erwarten. Von ersteren muss erwartet werden, dass sie ihre Klientel auch über die Chancen in einem gerichtlichen Verfahren schonungslos beraten.

Dotierung von Bürgerinitiativen?

In vielen Fällen treten Bürgerinitiativen nicht oder nicht nur für individuelle Interessen ihrer Mitglieder, sondern auch für jene der Allgemeinheit ein. In solchen Fällen wird die Gesellschaft in Gestalt der sie vertretenden politischen Mandatare nicht um die Dotierung jenes Finanzbedarfes herumkommen, der für diese Bürgerinitiativen zur Deckung von Rechtsvertretungs- und Sachverständigenkosten notwendig ist. Die Dotierung von Rechtsbeiständen aus dem Topf der „Verfahrenshilfe“, dem sogenannten „Armenrecht“, die ja angesichts der relativen Mittellosigkeit vieler Betroffener grundsätzlich möglich wäre, wäre ein Armutszeugnis für den demokratischen Rechtsstaat. In dieser Hinsicht wird noch eine gewaltige Änderung eingefahrener Denkmuster notwendig werden.

Postwendende Bestätigung

Knapp bevor dieser Beitrag auf unsere Homepage wandert, erreicht uns die Nachricht, dass die Wiener ÖVP beim Höchstgericht abgeblitzt ist. Nicht mit irgendeiner belanglosen Beschwerde, nein, mit der seit Monaten hochgespielten Frage, ob die Ablehnung der geforderten Volksbefragung über die Parkpickerlerweiterung rechtskonform sei oder nicht. Nicht daran ist die ÖVP gescheitert, dass diese Ablehnung rechtens gewesen wäre. Es gibt wahrscheinlich auch keinen ernst zu nehmenden Juristen, der an einer inhaltlichen Stattgebung der Beschwerde gezweifelt hätte: die wäre sozusagen ein aufgelegter Elfer für die ÖVP gewesen. Diese aber oder ihre Vertretung hat ihn, wenn man den Medienberichten folgen darf, vergeigt, indem ein simples Formalerfordernis, die richtige Benennung des Beschwerdeführers, unterblieb. Vermutlich haben sich die Höchstrichter nicht sonderlich darüber geärgert, eine politisch so brisante Angelegenheit so einfach und elegant entsorgen zu können.

Die Schlussfolgerung: wenn es schon einer nicht ganz unbedeutenden, mit öffentlichem Geld finanzierten politischen Partei so ergeht, um wie viel mehr sind dann einfache Bürgerinnen und Bürger der Gefahr ausgesetzt, ohne geviewte Vertretung auf den allseits ausgelegten Bananenschalen formeller Gesetzesbestimmungen auszurutschen? Es wäre natürlich eine hehre Aufgabe fürs Justizressort, prozessuale Bestimmungen zu entschärfen, die in Fällen wie diesem einem „Ätsch! Nichts mehr geht! Verloren und vertan!“ gleichkommen, ohne dass die solcherart um ihr Recht (und Geld) Gebrachten eine Chance hätten, selbiges in irgendeiner Form zurückzubekommen. So viel Bürgerfreundlichkeit zu erwarten wäre allerdings frivol. Wir müssten schon froh sein, wenn die ärgsten Fallen, etwa im UVP-Gesetz, beseitigt würden.

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